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Globalisierung & G8: Nicht Gegner, sondern Kritiker – Für eine bessere, weil gerechtere Welt

In diesen Tagen treffen sich die Regierungschefs der G8-Staaten in Heiligendamm, um zusammen zu speisen, zu flirten und um gemeinsame Konsense in verschiedenen Fragen zu treffen. Etwa 14% der Weltbevölkerung werden von diesen acht Politikern vertreten, die auf dem Gipfel Entscheidungen treffen, die jedoch die gesamte Welt betreffen. Dass allein dieses Faktum zu Protesten führt, ist nachvollziehbar.

Another World Is Possible!

Was mich aber zurzeit ganz besonders stört ist die Berichterstattung der deutschen Medien. Landauf, landab wird die ganze Zeit von Globalisierungsgegnern gesprochen, von Menschen also, die sich grundsätzlich gegen die Globalisierung aussprechen und dies vornehmlich mit Gewalt klar zu machen versuchen. Dass es sich allerdings bei den Demonstranten fast ausschließlich um Kritiker der bisherigen Globalisierung handelt, wird verschwiegen. Nicht gegen Globalisierung, sondern für eine fairere Form der Globalisierung. Ein scheinbar kleiner aber umso wichtigerer Unterschied von enormer Bedeutung!

Scheinheiliges Treffen am ostdeutschen Damm

Wie gesagt, in Heiligendamm treffen sich vom 06. bis zum 08. Juni 2007 die Regierungschefs von den acht führenden Wirtschaftsnationen. Abgesehen davon, dass die Zusammensetzung des Gipfels mit Russland, aber ohne wirtschaftlich stärkere Nationen wie China oder Mexiko stattfindet, ist auch die Legitimität des ganzen zumindest diskussionswürdig.

Italien, Japan, Kanada, Russland, die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich, Frankreich und Deutschland gehören der Gruppe der Acht an, die am Gipfel teilnehmen dürfen und damit das Recht besitzen, an den wichtigen Entscheidungen mitzuwirken. Zwar wird nach außen hin gerne proklamiert, dass die G8 soziale Entscheidungen für alle Menschen dieser Welt treffen, aber im Grunde genommen, geht es darum eigene wirtschaftliche Interessen durchzusetzen.

Ein globales Dorf der Auswirkungen

Natürlich wird dabei nach Lösungen von globalen Problemen gesucht. Sei es der Klimaschutz oder die Hilfe für den afrikanischen Kontinent, die Themen gehen über den Tellerrand der acht Nationen hinaus. Dies aber auch aus nachvollziehbaren Beweggründen. Denn in der heutigen Zeit der Globalisierung gibt es kaum noch ein Problem, welches auf bestimmte Regionen fest beschränkt bleibt.

Die Folgen von Klimaschutz und Globaler Erwärmung treffen die acht Länder ebenso wie die Auswirkungen von Hungersnöten in Afrika (Stichwort: Emigration). Dass unter diesen Voraussetzungen nach Lösungsansätzen gesucht wird, ist aus Sicht der Teilnehmernationen verständlich. Aber wie gesagt, es ist aus Sicht der Acht.

Einseitige Achterbahn

Denn hier liegt der Hauptkritikpunkt am G8-Gipfel: Die Entscheidungen, die dort getroffen werden, stellen immer auch einen Kompromiss dar. Ganz nach dem Motto „So sozial wie nötig, so eigennützig wie nur möglich“ werden Lösungen gesucht, die die Probleme zwar etwas mindern, aber durch den Konsenscharakter eben nicht ganz beseitigen können – oder sollen.

Dass acht der wirtschaftlich mächtigsten Staaten dieser Erde sich treffen, Interessen bündeln und nach gemeinsamen Vorgehensweisen suchen, ist denn auch der Hauptkritikpunkt, der von den G8-Kritikern betont wird. Mit welchem Recht dürfen eben diese acht Länder globale Interessen an eigene Vorstellungen anpassen und nach individuellen Gesichtspunkten durchsetzen?

Ungleichberechtigte Partnerschaften

Natürlich, es werden auch Vertreter von Schwellenländern und von afrikanischen Nationen eingeladen. Eine gleichberechtigte Teilnahme an Entscheidungen ist dies jedoch nicht. Mag sein, dass der gute Wille an vernünftigen Strategien vorhanden ist, fair und gerecht ist das Konzept deswegen allerdings noch lange nicht.

Bei der Globalisierungskritik geht es jedoch nicht zwangsläufig um die G8. Es geht um die Globalisierung an sich, um ihre Form und um ihr Wesen. Dass sie in der Weise, wie sie bisher stattfindet nicht gerecht ist, steht außer Frage. Es ist unabstreitbar, dass sie zugunsten einiger und auf Kosten vieler geht.

Star`s Bugs – Bauern und Ernte

Ich erinnere mich an einen Artikel über Starbucks im aktuellen Spiegel. Dort geht es um die Geschäftsgebaren des Konzerns aus den USA. Ein äthiopischer Kaffeebauer erhält dem Bericht zufolge für zwei Kilogramm Kaffee umgerechnet 50 Cent. Für eine Tassee Kaffee, den Starbucks anschließend in seinen Filialen weltweit verkauft, müssen Kunden dann bis zu vier Euro bezahlen.

Allein dieses Beispiel offenbart das wahre Gesicht der Globalisierung. Keine Frage, die Globalisierung bietet Chancen und Möglichkeiten für arme Länder. Aber nur dann, wenn diese auch die Möglichkeit haben, sich gleichberechtigt und fair an den globalen Mechanismen zu beteiligen.

Ohne Kritik keine Besserung!

Da dies aber augenscheinlich nicht der Fall ist, ist Kritik an der Globalisierung angebracht und wichtig. Es kann nicht sein, dass nur die Reichen und Starken von diesem Trend profitieren und die Schwachen noch schwächer werden. Und nur, weil wir Menschen aus Westeuropa scheinbar auf der Gewinnerseite zu stehen scheinen, ist das noch lange kein Grund, dies alles stillschweigend und egoistisch hinzunehmen.

In diesem Zusammenhang stört mich auch, dass in den Medien immer von Globalisierungsgegnern die Rede ist. Es geht nicht darum, dass man die Globalisierung grundsätzlich ablehnt und komplett dagegen ist. Nein, der Protest richtet sich gegen „diese“ Globalisierung, gegen die Art und Weise, wie sie momentan stattfindet.

Menschen versus Bilanzen

„Another World is possible“, „Eine andere Welt ist möglich“, es geht um die Kritik an den ungerechten Mechanismen dieser Globalisierung. Es kann nicht sein, dass große Konzerne aus Industrienationen ganze Staaten zu ihrem Eigennutz ausbeuten und auf deren Kosten weiter wachsen.

Diese ganze Diskussion hat nichts mit links oder rechts, oben oder unten zu tun. Es geht vielmehr um Gerechtigkeit und Gleichberechtigung. Und diese sollte über alle politischen Lager hinweg oberste Priorität besitzen. Menschlichkeit, in diesem Wort steckt nicht umsonst der Begriff Mensch!

Kritik an der Kritik erlaubt

Natürlich, man mag kritisieren, dass manche Menschen globalisierungskritische Demonstrationen zu Akten der Gewalt nutzen. Man mag kritisch über das Auftreten von Autonomen und den Schwarzen Block denken. Aber unabhängig davon und abgesehen von der Tatsache, dass es sich dabei nur um einen verschwindend geringen Anteil bei den Globalisierungskritikern handelt, muss man doch anerkennen, dass es bei all der Kritik um friedfertige und unheimlich wichtige Anliegen geht.

Was ist das für eine Welt, in der das Glück des Geburtsortes darüber entscheidet, welche Chancen man in seinem Leben hat? Wie ist es als gerecht zu bewerten, dass Bauern in Ländern, weit weg von europäischer Zivilisation, hart für einen Hungerlohn schuften müssen, dessen wirtschaftliche Ernte krawattentragende Saubermänner in hohen Konzerntürmen einfahren?

Informieren, Nachdenken, Erkennen, Reden, Handeln

Anerkennung und Respekt all jenen Menschen, die diese Ungerechtigkeit erkennen und sich – obwohl auf der Gewinnerseite stehend – für eine andere Form der Globalisierung stark machen. Weitsichtig und vernünftig ist es, die immer weiter anwachsende Kluft zwischen arm und reich versuchen zu schließen. Mutig und selbstlos ist es, sich dafür einzusetzen und mit gutem Gewissen voran zu gehen.

Geben wir ein Stückchen von unserem Luxus und unseren Ansprüchen auf, zugunsten einer fairen und sozialverträglichen Globalisierung. Machen wir uns Gedanken über Sinn und Unsinn einer Welt, deren gesellschaftlicher Zusammenhalt immer mehr aus dem Ruder zu laufen scheint. Nachbarschaftshilfe und Zusammenhalt gehören auch in den Zeiten des Globalen Dorfes zur gesellschaftlichen Pflicht. Denn wie gesagt, sie ist möglich: Eine andere Welt!

Gewaltloser Schwarzer Blog

bluejax
Il, den 07. Juni 2007

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