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Hakenkreuz-Prozess: Revision in Karlsruhe – Demokraten zu Verbrechern stempeln?!

Wir befinden uns im Jahre 2007 nach Beginn unserer Zeitrechnung. In ganz Deutschland diskutieren Menschen und Gemeinden, wie man der zunehmenden Gefahr von Rechts entgegenwirken kann. Demokratiebewusste Bürgerinnen und Bürger arbeiten Konzepte gegen Rechtsextremismus und gegen Rassismus aus. Werden NPD-Kundgebungen angekündigt, so wird nicht nur in Erfurt zu Gegendemonstrationen aufgerufen. Die Menschen möchten ein Zeichen setzen. Ein Zeichen für Toleranz und gegen Fremdenhass. Dabei hat sich das durchgestrichene Hakenkreuz als Symbol gegen Rechtsextremismus nicht nur auf den Demonstrationen gegen Rechts, sondern weltweit in den Köpfen der Menschen etabliert.

Ganz Deutschland? Nein! Eine von einer unbeugsamen Staatsanwaltschaft bevölkerte Stadt hört nicht auf den demokratie- und toleranz-bewussten Menschen Widerstand zu leisten. In Stuttgart wird rigoros gegen die Verwendung des durchgestrichenen Hakenkreuzes als Zeichen gegen Rechts durchgegriffen. So wurde im September 2006 ein Versandhandel vor dem Stuttgarter Landgericht zu einer Geldstrafe von 3.600€ verurteilt. Das Vergehen? Der Versand bot T-Shirts und Buttons mit dem durchgestrichenen Hakenkreuz an.

Am kommenden Donnerstag, den 08. März 2007 findet die Revisionsverhandlung vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe statt. Ausgang ungewiss!

Alles begann 2005 in Tübingen

Es ist fast ein Jahr her, als ich am 21. März 2006 zum ersten Mal über die Diskussion um das durchgestrichene Hakenkreuz berichtete. Damals schrieb ich von einem Tübinger Studenten, der im November 2005 wegen des Tragens eines Aufnähers mit jenem Zeichen vor Gericht gestellt wurde. Dem damals 22-jährige Politikwissenschaft-Student (Schwerpunkt Nationalsozialismus!) wurde vom Amtsgericht eine Verwarnung unter Strafvorbehalt ausgesprochen, weil er ein Zeichen einer verfassungswidrigen Organisation verwendete.

Daraufhin rückte auch der Faire Kaufladen in Tübingen ins Visier der Ermittler. Denn in dem kleinen Laden wurden Buttons und Aufnäher mit dem durchgestrichenen Hakenkreuz verkauft und auch im Schaufenster ausgestellt. Hier entschied das Tübinger Landgericht, dass der Verkauf legitim wäre, da die ablehnende Haltung eindeutig sei.

Stuttgart wacht auf & beißt zu

Für Tübingen hatte sich das Thema damit erledigt. In Stuttgart hingegen hatte man gerade erst Lunte gerochen. Die dortige Staatsanwaltschaft ging seither unnachsichtig und streng in ähnlichen Fällen vor.

So auch im Verfahren gegen den Nix-Gut-Versand aus Lauterbach. Gegen diesen ermittelte die Stuttgarter Staatsanwaltschaft, weil der Versand T-Shirts, Buttons, Aufnäher u.ä. mit dem durchgestrichenen Hakenkreuz verkaufte.

Am 12. Mai 2006 berichtete ich, dass das Stuttgarter Landgericht die Ansicht des Versandes teile und dieser nicht gegen den Tatbestand aus §86a StGB verstoßen würde. Das Vertreiben von verfassungswidrigen Symbolen sei nicht erfolgt.

Der große Rückschlag – Die Verurteilung

Was wie ein Erfolg der Vernunft und Demokratie aussah, blieb allerdings nur eine flüchtige Momentaufnahme. Die Stuttgarter Staatsschützer nämlich wollten sich damit nicht zufrieden geben und reichten umgehend Beschwerde gegen das Urteil ein. Ihrer Ansicht nach, sei ein durchgestrichenes Hakenkreuz nicht eindeutig gegen Rechts interpretierbar und verstoße somit gegen das Verbot von verfassungsfeindlichen Symbolen.

Am 23. Mai 2006 dann berichtete ich von der endgültigen Kehrtwende. Das Stuttgarter Oberlandgericht hob den Beschluss des Landgerichts auf und gab damit dem Antrag der Stuttgarter Staatsanwaltschaft statt. Ausschlaggebend für das Urteil sei gewesen, dass der Nix-Gut-Versand durch das Vertreiben der kritisierten Gegenstände keinen Beitrag zur Aufklärung über den Nationalsozialismus beitrage, sondern nur kommerzielle Ziele verfolge.

Die Urteilsbegründung war sehr fahrig, legte sie doch nahe, dass das Tragen eines durchgestrichenen Hakenkreuzes zwar unter das Recht auf freie Meinungsäußerung fallen könnte, ein Verkauf solcher Produkte jedoch gegen das Gesetz verstoße und damit verboten sei.

FIFA-WM mit durchgestrichenem Hakenkreuz

Noch kurioser wird die ganze Geschichte, wenn man an den Sommer des vergangenen Jahres zurückdenkt. Am 16 Juni 2006 veröffentlichte ich einen Artikel, in welchem ich auf die geduldete Verwendung
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jener durchgestrichenen Hakenkreuze an anderer Stelle hinwies. Zum einen handelte es sich um den FIFA-Fanguide, den der Fußballweltverband anlässig der Weltmeisterschaft herausgegeben hatte. Dort fand sich der Hinweis auf ein strenges Verbot von „antisemitischem, rassistischem, fremdenfeindlichem, radikalem Propagandamaterial“. Als Abbildung fand sich neben dem Text… was wohl? Genau, das durchgestrichene Hakenkreuz!

Mindestens ebenso widersprüchlich ist das zweite Beispiel, auf das ich in jenem Artikel einging. Wir erinnern uns alle noch sehr gut an eine der größten Medienkampagnen der vergangenen Jahre. Mit der Aktion „Du bist Deutschland“ sollte der deutschen Bevölkerung ein neues positives Denken vermittelt werden.

Du bist Deutschland animiert zum Nachahmen

Dazu wurde ein TV-Spot produziert, in dem deutsche Persönlichkeiten, neben „normalen“ Bürgerinnen und Bürgern für ein neues Wir-Gefühl warben. Dabei gab es auch eine Szene, in der junge Menschen Flyer mit dem Aufruf zur Demonstration gegen einen Naziaufmarsch verteilten. In ihren Händen trugen sie dabei große Schilder und Plakate. Darauf abgebildet: Ein durchgestrichenes Hakenkreuz bzw. ein Hakenkreuz, das von einer Faust zertrümmert wird. Jene Symbole, die die Stuttgarter Staatsanwaltschaft am liebsten ausradiert hätte!

Ihr seht, das ganze Trara, dass die Stuttgarter Staatsschützer um das durchgestrichene Hakenkreuz veranstalten ist eine ziemlich merkwürdige Geschichte. Da wird mit zweierlei Maß gemessen und gegen demokratische Menschen vorgegangen, die selber ein Zeichen für Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit setzen möchten.

Nachahmer werden bestraft

Paradox auch, dass in einer Werbekampagne indirekt zur Verwendung solcher Symbole motiviert und danach jeder, der dem Aufruf folgt mit strafrechtlichen Konsequenzen bestraft wird.

Sinn und Zweck dieser Hetzjagd gegen Demokraten verstehen wahrscheinlich nur jene unbeugsamen Stuttgarter, die sich Staatsschützer nennen und sich eigentlich um die Sicherung von Recht, Ordnung und Demokratie kümmern sollen. Leider wird allerdings durch das Vorgehen gegen besagte Symbole dem demokratischen und friedlichen Widerstand der Bevölkerung gegen Rechts der Wind aus den Segeln genommen. Vielmehr werden diese Menschen sogar noch für ihren Einsatz bestraft!

Verbotsschild uneindeutig?

Als Begründung kann dabei auch nicht zählen, dass man sich um mögliche Fehlinterpretationen von ausländischen Besuchern sorge. Dieses Argument wurde in den vergangenen Monaten liebend gerne genannt, um den Kampf gegen gegen Rechts zu erklären. Denn das durchgestrichene Hakenkreuz hat es rund um den Globus zum Symbol gegen Fremdenfeindlichkeit geschafft. Außerdem müssten dann auch andere Zeichen wie das des Rauchverbots oder das Parkverbotsschild auf dem Prüfstand stehen. Hier scheint man aber von einer Unfehlbarkeit der Interpretation auszugehen.

Wieso allerdings macht man sich dann gerade bei den durchgestrichenen Hakenkreuzen so viele Sorgen? Denken die Staatsschützer nicht auch daran, dass sie sich und damit auch ganz Deutschland lächerlich machen? Was sollen andere Länder denken, wenn es heißt, dass in Deutschland Symbole gegen Rechts verboten und Anti-Faschisten verfolgt werden?

Berufung in Karlsruhe

Am kommenden Donnerstag, den 08. März 2007 steht nun also die Revisionsverhandlung vor dem 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes an. Ab 09.00 Uhr wird darüber verhandelt, ob 62 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges das Tragen von durchgestrichenen und zerschlagenen Hakenkreuzen als Meinungsäußerung gegen Fremdenfeindlichkeit verboten ist/wird.

Sollten die Richter der Anklageschrift der Stuttgarter folgen, so wäre auf einen Schlag die Verwendung solcher Symbole strafbar. Damit würden Menschen und Organisationen zu Verbrechern abgestempelt, die sich gerade selber gegen unmenschliche Verbrechen stellen:

Von Helden zu Straftätern

Studenten, Jugendliche, Anti-Faschisten, die ein durchgestrichenes Hakenkreuz auf ihren Rucksack genäht haben; Kirchen, die (wie 2005 in Erfurt geschehen) an ihren Häusern riesige Transparente mit dem in den Mülleimer geworfenen Hakenkreuz werfen; eine Polizeisondergruppe gegen Rechtsextremismus, die das Symbol in ihrem Wappen trägt; der Fußballclub FC St. Pauli, der etwaige Aufnäher vertreibt; Gewerkschaften mit den entsprechenden Symbolen in ihren Infobroschüren; Parteien wie die Grünen, die auf ihren Wahlplakaten für Toleranz werben; die Liste ließe sich schier endlos weiter fortsetzen.

Sollte man nun wirklich die besagten Symbole verbieten und damit demokratische Bürgerinnen und Bürger, die sich gegen Rechtsextremismus und gegen Rassismus ausdrücken wollen, bestrafen, würde man die Zivilgesellschaft schwächen. Wieso wird soviel Zeit, Arbeit und Geld in den Kampf gegen Anti-Faschisten gesteckt, statt gegen Rechtsextremisten? Was soll das ganze Theater? Welche Beweggründe stehen wirklich hinter diesem fadenscheinigen Bemühen die Demokratie zu schützen?

Fragen über Fragen. Warten wir ab, was der 08. März bringt. Er wird auf jeden Fall ein wichtiges Datum darstellen. Ob nun im positiven oder im negativen Sinne für Deutschland, das wird sich zeigen. Hoffen wir das Beste!

bluejax
Rottenburg, den 05. März 2007

Quellen und Links:
http://www.bluejax.net/2007/02/12/ein-land-sieht-braun-
%e2%80%93-von-schafen-im-wolfspelz-und-einer-
angekundigten-nazidemonstration-in-erfurt/
http://www.bluejax.net/2006/03/21/stuttgart-gegen-gegen
-rechts-ein-durchgestrichenes-hakenkreuz-und-seine-folgen/
http://www.bluejax.net/2006/03/23/mach-mit-aktion-
%e2%80%9czeigt-mich-an%e2%80%9d-%e2%80%93
-ein-zeichen-gegen-rechtsextremismus/
http://razzia.nix-gut.de/
http://www.bluejax.net/2006/05/12/auf-der-jagd-teilerfolg
-im-hakenkreuz-prozess-%e2%80%93-staatsanwaltschaft
-weiter-gegen-nazi-gegner/
http://www.bluejax.net/2006/05/23/ruckschlag-im-
hakenkreuz-prozess-%e2%80%93-kreatives-urteil-und
-eine-verbissene-staatsanwaltschaft/
http://www.bluejax.net/2006/06/16/%e2%80%9edu-bist
-deutschland%e2%80%9c-fifa-mit-durchgestrichenen-
hakenkreuzen-%e2%80%93-nix-gut-wird-angeklagt/
http://www.bluejax.net/2006/03/12/theater-kunterbunt-
%e2%80%93-erfurt-wehrt-sich-gegen-die-braune-seuche/

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