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Strategisches Medienmanagement – Die Diversifikation der ProSiebenSat.1-Gruppe

Am Freitag, den 27. Januar 2006 referierte an der TU Ilmenau Dr. Marcus Englert, Direktor Diversifikation ProSiebenSat.1-Gruppe über „Strategisches Medienmanagement“. Der Vortrag fand im Rahmen der Vorlesung „Medienmanagement in der Praxis“ statt.

Da mich das Thema Fernsehen zurzeit sehr interessiert und ich im Moment auch eine Hausarbeit zur „Zukunft des Fensehens“ – also Digitalisierung, Interaktive TV, Mobile TV, Digital TV etc. – am vorbereiten bin, habe ich mir diesen Vortrag angeschaut. Und ich muss sagen, es war wirklich interessant!

Zunächst einmal: Was versteht man unter Diversifikation? Also, ein Blick in Wikipedia verrät: „Der Begriff Diversifikation bezeichnet eine Ausweitung des Sortiments.“ Als Beispiele werden unter anderen folgende zwei Möglichkeiten genannt: „intern: Das Unternehmen wächst aus eigener Kraft und entwickelt das Produkt selbst; (…) Kooperation: Neue Produkte werden mit einem Partner entwickelt. Kooperationen können verschieden intensiv sein, von losen Joint Ventures bis zu strategischen Allianzen und Netzwerken.“

So, das ist ja schon mal ein guter Einstieg. Dr. Marcus Englert erklärte uns, dass es bei ProSieben.Sat1 um folgendes geht: Das Unternehmen hat 2 zentrale Säulen, zum einen das Fernsehen mit seinen zur Sendegruppe gehörenden Sendern. Die zweite Säule ist die Diversifikation. Hier geht es darum, neue Geschäftsmodelle zu finden, mit denen sich Geld verdienen lässt. Ziel sei es, die Abhängigkeit vom traditionellen Werbemarkt – also dem Geldverdienen durch TV-Spots – zu verringern und stattdessen alternative Einnahmequellen zu generieren. Zudem sei es Aufgabe der Abteilung Diversifikation, ProSieben.Sat1 für die Digitale Fernsehzukunft zu wappnen. Wenn wir uns die Beschreibung von Wikipedia noch mal ins Gedächtnis rufen, heißt es demnach, dass die ProSieben.Sat1 Media AG mit der Diversifikation sein Sortiment versucht auszuweiten. Zum einen intern, durch fest angestellte Mitarbeiter, die an Innovationen tüfteln und zum anderen durch Kooperationen. Zu näheren Beispielen komme ich später noch.

Wenn wir einen ganz kurzen Blick auf den Fernseh-Bereich werfen: Zur Sendegruppe ProSieben.Sat1 gehören die TV-Sender ProSieben, Sat.1, Kabel 1 und N24. Übrigens sind alle Sender 100%ig in Besitz der ProSiebenSat.1 Media AG (Quelle: KEK). Die Sender sind unterschiedlich im Markt positioniert, sollen also verschiedene Zielgruppen ansprechen. Laut Dr. Marcus Englert sieht die Sender-Strategie folgendermaßen aus:

ProSieben soll als „Lead-Marke“ für ein junges Publikum agieren. Als junger Entertainment-Sender liegt das Hauptaugenmerk klar auf dem jüngeren Teil der werberelevanten Zielgruppe der 14-49 Jährigen.

Sat1 hingegen spricht die breite Masse an und soll als „klassischer Network“ funktionieren. Ziel ist hier eine breite Produktpalette anzubieten, die soweit alle Altersklassen befriedigt. Man könnte hier auch vom klassischen Familiensender sprechen.

Kabel 1 gilt als „die klassische Qualitätsmarke“. Hier heißt das Ziel Qualität statt Quantität. Es werden Filmklassiker gezeigt und eher ein älteres Zielpublikum angesprochen. Gut veranschaulicht auch durch den Slogan „Die besten Filme aller Zeiten“!

Und dann gibt es noch den kleinsten und jüngsten Sender der Familie: N24. Hier handelt es sich um einen Nachrichtensender. Oder wie Dr. Marcus Englert es formulierte, „die führende Marke für Information“. Laut seinen Angaben hat N24 dem vorigen Primus N-TV die Marktführerschaft mittlerweile abgerungen.

Dem Vortrag von Dr. Marcus Englert zufolge erwirtschaftete die ProSiebenSat.1 Gruppe im vergangenen Jahr 2005 einen Umsatz von 1,9 Mrd. Euro, was im Endeffekt 300 Millionen Euro Gewinn machte. Dabei wurden 90% des Umsatzes durch die klassische Fernsehwerbung in die Kassen gespült. Ein recht ordentliches Ergebnis eigentlich!

Doch der Werbemarkt unterliegt einem regelmäßig wiederkehrenden Zyklus. D.h. auf einige fette Jahre folgen immer wieder Dürre und Not. Und um diesen „Werbezyklus abzufedern“ ist es dass Ziel die Diversifikationserlöse in den kommenden Jahren stetig auszubauen.

Selbsterklärtes Vorgabe für 2007/2008 sei es, mindestens 15% des Umsatzes der ProSieben.Sat1 Media AG durch eben diese „alternativen Einnahmequellen“ zu generieren. Zudem „knabbert das Pay-TV unaufhörlich am Werbekuchen“ der Fernsehsender. Englert gebrauchte hier den Vergleich mit dem Spiel „Pacman“.

Gut, das war die erste Säule der ProSiebenSat.1 Media AG; quasi die traditionelle Säule. Die zweite Säule ist also die Diversifikation. Wer sich übrigens schon gewundert hatte und einen Fernsehsender vermisst hatte, hier kommt er: Nämlich findet sich unter der Abteilung der Diversifikation die Euvia Media, also NeunLive (oder 9Live?). Polarisierender könnte ein Fernsehsender gar nicht sein. Die Mehrheit der Deutschen hassen ihn. ProSiebenSat.1 liebt ihn. Ja, den Worten von Dr. Marcus Englert zufolge scheinen sie dort sogar regelrecht Stolz auf den Sender zu sein. Und das nicht ohne Grunde! Denn kein anderer Sender kann mit besseren Zahlen aufwarten als 9Live: größtest Wachstum und natürlich auch rentabelste Ergebnisse. Der Sender scheint eine wahre Goldgrube zu sein.

Dabei weiß ich noch, wie alles angefangen hatte. Alles begann mit Christiane zu Salm Salm: Sie war von 1998 bis 2001 Geschäftsführerin von MTV Deutschland. Nebenher wirkte sie bei der Gründung des Jugendsenders NBC GIGA mit. Als sie 2001 zu Tm3 wechselte – ihr wisst schon, der frühere Frauensender, der eine Saison lang die Rechte an der Uefa Champions League hielt- dachte ich mir: „Man ist die blöd, wieso tut sie sich das nur an?“. Damals lief MTV recht erfolgreich, was auch mit ihre Arbeit war. Und dann auf einmal wechselte sie zu TM3 und wurde Vorstandsvorsitzende der Euvia Media AG. Am 01. September 2001 ging dann aus TM3 der Sender 9Live hervor. Ich weiß noch, dass ich damals ein Interview mit Christiane zu Salm Salm – Ihr offizielle Name lautet übrigens Christiane Salm Prinzessin zu Salm-Salm (!) – gelesen habe, in dem sie das Sendekonzept vorstellte. Sie wollte den ersten Quizsender Deutschlands aufbauen. Und der Name 9Live, weil er einerseits die 9 auf der Fernbedienung einnehmen sollte und weil der Name veranschaulichen sollte, dass alles „live“ sei.

Ich weiß noch, dass ich alles andere als vom Erfolg überzeugt war. Ich dachte mir nur: „Wer will den einen Quizsender? Das funktioniert doch nie!“

Gut, ich muss mittlerweile eingestehen, dass ich damals falsch lag. 9Live legte eine beispielhafte Karriere hin und änderte die das deutsche Fernsehen grundlegend!

Im September 2005 hat Christiane zu Salm Salm übrigens ihre Anteile am Sender an die ProSiebenSat.1 Media AG verkauft. „9Live ist eine hundertprozentige Tochter der Euvia Media AG, die wiederum zu hundert Prozent der ProSiebenSat.1 Media AG gehört“ (Quelle).

Übrigens ist mittlerweile Marcus Wolter Geschäftsführer von 9Live. Einige werden ihn sicherlich noch von früher kennen: er war mal Aufnahmeleiter bei VIVA. Damals entdeckte er Stefan Raab und produzierte dessen Show Vivasion!

Zurück zum Thema: Neben Euvia Media gehören auch noch MM Merchandising und Seven One zur Diversifikation von ProSiebenSat.1. Übrigens umschrieb Dr. Marcus Englert das Konzept von 9Live folgendermaßen: „Möglichst viele rufen an, möglichst wenige gewinnen etwas.“ Und zur herben Kritik am Senderkonzept von 9Live meinte er: „Der Köder muss dem Fisch schmecken!“.

bluejax
Erfurt, den 31. Januar 2006

Links und Quellen:

http://tu-ilmenau.de/uni/index.php
http://www.tu-ilmenau.de/site/ifmk/Medienmanagement_in.
3331.0.html?&L=1l
http://de.wikipedia.org/wiki/Diversifikation
http://www.kek-online.de/kek/medien/beteiligung/13
prosiebensat1.pdf
http://www.michael-does.de/spiel-packman.htm
http://de.wikipedia.org/wiki/Christiane_zu_Salm
http://de.wikipedia.org/wiki/9Live
http://de.wikipedia.org/wiki/Marcus_Wolter

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Erstveröffentlichung bei www.myblog.de/bluejax: 31.1.06 11:46
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